Das Schmerzzentrum am Kantonsspital St.Gallen ist Anlaufstelle für chronische Schmerzpatientinnen und -patienten. Was vor zehn Jahren mit sechs Personen begann, hat sich zu einem etablierten Kompetenzzentrum weiterentwickelt. Was geblieben ist? Die Interdisziplinarität sowie Interprofessionalität und das biopsychosoziale Schmerzmodell.
«Mit der Gründung des Schmerzzentrums 2011 wurde ein wichtiger Meilenstein in der Behandlung chronischer Schmerzpatientinnen und -patienten erreicht» – darüber ist sich das Leitungsteam des Schmerzzentrums einig. Patientinnen und Patienten können dank der zentralen Anlaufstelle effizient abgeklärt und interdisziplinär behandelt werden.
Die Behandlung chronischer Schmerzpatientinnen und -patienten ist eine komplexe Herausforderung, weshalb das biopsychosoziale Schmerzmodell den zentralen Grundstein der Behandlung darstellt (vgl. Grafik).
Weshalb es neben den somatischen Symptomen auch die psychosozialen Aspekte zu berücksichtigen gilt? «Das Verständnis, dass alle drei Bereiche eine wesentliche Rolle bei der Entstehung einer Schmerzerkrankung spielen und im Umkehrschluss alle Bereiche auch durch den Schmerz beeinflusst werden, ist zentral. Um schmerztherapeutisch erfolgreich zu sein, muss deshalb ein multimodales Therapieangebot zum Einsatz kommen», so das Leitungsteam. Das Ziel ist es, die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern.
Für die Behandlung der Schmerzpatientinnen und -patienten ist eine rechtzeitige Zuweisung ins Schmerzzentrum essentiell. Je weiter eine Schmerzerkrankung chronifiziert ist, desto schwieriger wird deren Behandlung. Vorteilhaft für einen Behandlungserfolg ist, wenn die Schmerzpatientinnen und -patienten noch in ihr soziales Umfeld eingebunden sind und aktiv am Arbeitsleben teilnehmen.
«Der regelmässige Austausch im interdisziplinären Team ist wichtig – sowohl für die Patientenbetreuung als auch zur Bewältigung herausfordernder Situationen.»
«Die Behandlung der Schmerzpatientinnen und -patienten ist über die letzten zehn Jahre differenzierter geworden und die Fälle zunehmend komplexer», so das Leitungsteam. Die Triage der Patientinnen und Patienten durch einen versierten Schmerztherapeuten resp. eine versierte Schmerztherapeutin stellt einen auf die Person abgestimmten Behandlungspfad sicher.
Sämtliche Patientinnen und Patienten werden in einem ambulanten Sprechstundentermin erstbeurteilt. Anschliessend findet die Vorstellung der Betroffenen im wöchentlich stattfindenden Schmerzboard statt, in dem das individuelle Abklärungs- und Behandlungskonzept mit den verschiedenen Fachdisziplinen diskutiert und beurteilt wird. Der Therapieentscheid wird unter Berücksichtigung verschiedener Perspektiven in interdisziplinärer und interprofessioneller Zusammenarbeit getroffen.
Die Interdisziplinarität ist seit der Gründung 2011 zentrales Element im Schmerzzentrum. So sind heute rund 35 schmerztherapeutisch erfahrene Spezialistinnen und Spezialisten aus unterschiedlichen medizinischen und nichtärztlichen Fachbereichen vertreten.
Der multimodale Therapieansatz ist zentral für die Behandlung der Schmerzpatientinnen und -patienten. Das Behandlungsangebot hat sich über die Jahre stark entwickelt. So sind verschiedene stationäre und ambulante Behandlungsmöglichkeiten dazugestossen, wie beispielsweise:
Zudem sind in den letzten zehn Jahren diverse Gruppentherapien konzipiert worden, in denen je nach Indikation die Schmerzedukation, die Entspannung und/oder interpersonelle Themen der Betroffenen im Fokus stehen.
«Bei der Zusammenarbeit mit unseren Zuweisenden ist eine gute, beidseitige Kommunikation zentral», hebt das Leitungsteam hervor. Schmerzspezifisches Fachwissen weiterzugeben und Fragen zu beantworten ist dem Team ein besonderes Anliegen. Auf Wunsch werden auch Stellungnahmen zu aktuellen Therapieplänen der Zuweisenden oder eine Empfehlung zum weiteren Therapieverlauf ausgesprochen (Zuweisungsvermerk: Beurteilung und Therapieempfehlung). Im Rahmen von regelmässig stattfindenden Fortbildungen und dem jährlich ausgerichteten Schmerzsymposium wird ein intensiver fachlicher Austausch mit internen und externen Fachpersonen gepflegt.
Und wo soll der Weg in den nächsten zehn Jahren hinführen? Das Leitungsteam wünscht sich, die Zuweisenden noch näher miteinzubeziehen, z. B. im wöchentlichen Schmerzboard zur Besprechung der Patientinnen und Patienten. Weiter kommt dem Aufbau des Ostschweizer Netzwerks für Schmerzspezialistinnen und -spezialisten eine wichtige Bedeutung zu. «Wir möchten die Behandlung der chronischen Schmerzpatientinnen und -patienten in der ganzen Ostschweiz laufend optimieren.»
Anmeldung unter: www.kssg.ch/schmerzsymposium
Chronische Schmerzen werden als elektrische Impulse über mehrere Stufen des Nervensystems zum Gehirn geleitet und treten dort in das Bewusstsein. In bestimmten Fällen können diese Schmerzimpulse durch feine elektrische Stimulation über dem Rückenmark (Spinal Cord Stimulation, SCS) teilweise unterdrückt, überlagert oder auch verändert werden. Dadurch können die Schmerzwahrnehmung und die Schmerzverarbeitung im Gehirn positiv beeinflusst werden. Die Abklärungen vor einer SCSImplantation sind ausführlich. Während der Operation wird eine feine Elektrode im Bereich der Wirbelsäule minimalinvasiv implantiert und nach einer Testphase mit einem kleinen Stimulator unter der Bauchhaut verbunden. Später wird die Therapie regelmässig überprüft und angepasst, um den Effekt zu optimieren. www.kssg.ch/rueckenmarkstimulation