DUO – das Magazin für Zuweisende

Volkskrankheit Reflux – rasche Abklärung dank moderner Funktionsdiagnostik

Knapp zwei Millionen Menschen sind in der Schweiz von Reflux betroffen. Die Beschwerden dieser häufigen Erkrankung reichen von störendem Aufstossen bis zur Schluckstörung bei Speiseröhrenkrebs. Deshalb müssen sie sorgfältig abgeklärt werden. Moderne Funktionsdiagnostik mit hohem Komfort für die Patientinnen und Patienten ermöglicht die Erarbeitung von bedarfsgerechten, individuellen Behandlungskonzepten.

Jeder vierte Schweizer klagt über Sodbrennen, saures Aufstossen oder Brennen hinter dem Brustbein – typische Beschwerden einer Reflux-Krankheit. Volkskrankheiten wie Übergewicht, aber auch angeborene Veränderungen wie ein schwacher Schliessmuskel am Mageneingang oder ein Zwerchfellbruch sind typische Risikofaktoren, die einen Reflux aus dem Magen in die Speiseröhre begünstigen. Unbehandelt führt ein langjähriger Reflux bei einem Fünftel der Patientinnen und Patienten zu irreversiblen Veränderungen in der Speiseröhre, die mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung von Speiseröhrenkrebs einhergehen.

Rasche Abklärung mit hohem Komfort für die Betroffenen

Die Abklärung der Reflux-Krankheit war bisher mit wiederholten und für die Betroffenen oft unangenehmen Untersuchungen über einen längeren Zeitraum verbunden. Dank innovativer Technologien wie EndoFLIP und Bravo-Kapsel kann heute die Funktion der Speiseröhre und eine erhöhte Säurebelastung während einer Magenspiegelung abgeklärt werden. Die Patientin oder der Patient ist dabei sediert.

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Ein gut eingespieltes Team (v. l. n. r.): Dr. Alexander Kueres-Wiese (Oberarzt mbF) am Standort Wil, Dr. Nicola Frei (Oberarzt Fachbereich Endoskopie und Spezialbereich Funktionsdiagnostik), Prof. Dr. Jan Borovicka (Stv. Chefarzt und Fachbereichsleiter Endoskopie), Dr. Claudia Krieger (Oberärztin mbF Fachbereich Gastroenterologie/IBD und Spezialbereich Funktionsdiagnostik)

Interdisziplinäre Behandlungskonzepte

Gewichtsreduktion, mässiger Fett- und Zuckerkonsum, aber auch das Schlafen auf der linken Seite helfen, die Beschwerden zu lindern. Fachpersonen der Gastroenterologie und Ernährungsberatung leiten die Patientinnen und Patienten an, diese Massnahmen in ihren Alltag zu integrieren. Reichen diese Veränderungen nicht aus, sind Protonenpumpenhemmer die Medikamente der ersten Wahl. Über die optimale Dosis und Dauer einer solchen Therapie, aber auch über mögliche Nebenwirkungen werden die Betroffenen nach der Abklärung ausführlich aufgeklärt. In den seltenen Fällen, in denen diese Massnahmen nicht ausreichen, besteht die Möglichkeit einer Operation. Die enge Zusammenarbeit von Gastroenterologie und Chirurgie am KSSG ermöglicht eine unkomplizierte und individuelle Beratung und Behandlung.

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Organerhaltende endoskopische Behandlung von Frühkarzinomen der Speiseröhre

Sind durch langjährigen Säurereflux bereits irreversible Veränderungen der Speiseröhre (Barrett-Ösophagus) eingetreten, ist wegen des erhöhten Risikos für die Entwicklung eines Speiseröhrenkrebses eine regelmässige endoskopische Kontrolle indiziert. Wird dieser frühzeitig entdeckt, ist dank modernster endoskopischer Verfahren eine organerhaltende Therapie am KSSG möglich.

Symposium Sanct Gallen

Donnerstag, 21. November 2024
Neues aus den Fachbereichen Endoskopie, Hepatologie und entzündliche Darmerkrankungen.
www.kssg.ch/sanct-gallen

Kontakt, Zuweisung

Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie, Fachbereich Endoskopie und Funktionsdiagnostik
www.kssg.ch/gastro
+41 71 494 30 40

Leben mit Reflux

Reflux kann für Betroffene mit einem langen und beschwerlichen Leidensweg einhergehen. Oft bleiben die Symptome über Jahre hinweg unklar, was die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt. Dank der Fortschritte in der modernen Funktionsdiagnostik sind heute präzise Diagnosen und gezielte Behandlungen möglich.

Elisabetha Maria M. (83)

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Reflux-Abklärung mit neuer Funktionsdiagnostik EndoFLIP und Bravo-Kapsel

Seit ihrer Jugend kämpfte Elisabetha Maria M. mit typischen Reflux-Symptomen. Süssigkeiten führten stets zu Magenschmerzen. Über die Jahre folgten Behandlungsversuche mit verschiedenen Medikamenten. Auch eine Magenspiegelung wurde gemacht – doch nichts brachte Linderung. Bauchschmerzen, Magenbrennen und Appetitlosigkeit begleiteten sie fast ihr ganzes Leben.

Vor rund vier Jahren unterzog sich Elisabetha Maria M. einer 24-Stunden-Langzeimessung ihres ph-Wertes. Dabei wurde ihr eine Sonde über die Nase in den Magen geführt, was sehr unangenehm war. Leider führte auch diese Untersuchung zu keiner klaren Diagnose. Die Beschwerden nahmen weiter zu.

«Die alte Methode zur Reflux-Abklärung war sehr unangenehm. Ich musste gegen das Erbrechen ankämpfen und konnte nur eingeschränkt essen.»

Im November 2023 bekam Elisabetha Maria M. plötzlich starke Schmerzen, die bis in den Arm ausstrahlten, begleitet von einem unangenehmen Druck in der Brust. Ihr Mann brachte sie sofort in den Notfall des KSSG. Die behandelnde Notärztin vermutete schlimme Reflux-Symptome und überwies sie an die Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie zur Abklärung mittels EndoFLIP und Bravo-Kapsel. Mit dieser modernen Diagnosetechnologie lassen sich Funktionsstörungen der Speiseröhre sowie Säurereflux präzise diagnostizieren.

«Als man mir mitteilte, dass ich eine erneute Abklärung über mich ergehen lassen müsse, hatte ich furchtbare Angst. Ich war dann sehr froh, als man mich über die neue, viel angenehmere Methode aufklärte.»

Am 23. April 2024 trat Elisabetha Maria M. ambulant ins KSSG ein, wurde sediert und konnte nach zwei Stunden bereits wieder entlassen werden. Besonders erfreulich: Zu Hause gab es keinerlei Essenseinschränkungen. 48 Stunden später wurden bereits die Resultate ausgelesen.

Dank der neuen Funktionsdiagnostik konnte eine Refluxerkrankung nachgewiesen werden und eine gezielte Behandlung mit dem Ziel einer Verbesserung der Lebensqualität von Elisabetha Maria M. in die Wege geleitet werden.

Olivier W. (63)

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Anti-Reflux-OP mit endoskopischer Behandlung Frühkarzinom

Olivier W. erinnert sich, als wäre es erst gestern gewesen: Erstmals bemerkbar machte sich der Reflux vor vielen Jahren während des Mittagessens an seiner Erstkommunion. Ein Teil der Nahrung kam plötzlich wieder hoch und hinterliess einen unangenehmen Geschmack von Erbrochenem im Mund. Von da an begleiteten ihn diese Vorfälle ständig. Mit rund 20 Jahren kam auch noch Magenbrennen hinzu.

Anfangs traten die Beschwerden nur auf, wenn er zu viel gegessen hatte. Später kämpfte er pro Tag mindestens zehn Mal mit Rückfluss, und mit den Jahren stieg die Häufigkeit. Trotz der Ratschläge der behandelnden Ärzte – weniger essen, auf Wein verzichten, regelmässig Säureblocker einnehmen – besserten sich seine Beschwerden nicht.

«Ich arbeitete viele Jahre als Bankstellenleiter. Bei jedem Gespräch mit einem Kunden oder einer Kundin achtete ich peinlichst genau darauf, nicht zu nahe bei meinem Gegenüber zu sitzen. Das Essen hätte jederzeit hochkommen können.»

Eine schwere Lungenentzündung führte Olivier W. Anfang 2022 in die Höhenklinik Davos. Nach verschiedenen Tests lag die Vermutung nahe, dass er an einem schweren Reflux leidet. Daraufhin erfolgte erstmalig die Überweisung ins KSSG. In der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie wurde mittels 24-stündiger Säuremessung eine Refluxabklärung vorgenommen.

Im Oktober 2022 unterzog sich Olivier W. einer Anti-Reflux-OP mit Manschette. Der Eingriff dauerte rund zweieinhalb Stunden, verbunden mit einem rund dreitägigen stationären Aufenthalt. Schon kurz nach der Operation konnte Olivier W. wieder normal essen. Einige Tage verwendete er noch Magenschoner, die er aber bald absetzen konnte.

«Nach der Anti-Reflux-OP fühlte ich mich wie neu geboren. Die Verbesserung meines Refluxes ist sagenhaft.»

Neun Monate später wurde bei einer externen Kontrolluntersuchung ein Karzinom an der Speiseröhre in einem frühen Stadium festgestellt. Nach einer erstmaligen Magenspiegelung am KSSG konnte das Karzinom in der Endoskopie-Abteilung während einer weiteren Spiegelung organerhaltend entfernt werden. So war weder eine Chemotherapie noch eine Bestrahlung nötig.

Gut zu Wissen

EndoFLIP und Bravo-Kapsel kurz erklärt
EndoFLIP ist eine ballongestützte Technik, die eine Echtzeitdarstellung der Speiseröhrenfunktion während einer Magenspiegelung ermöglicht. Gleichzeitig wird eine kleine Kapsel (Bravo-Technik) im unteren Drittel der Speiseröhre fixiert, die eine drahtlose Messung der Säuremenge über mehrere Tage ermöglicht. Diese Art der Untersuchung ist für die Patientinnen und Patienten mit einem hohen Komfort verbunden, da sie während der Durchführung sediert sind.

Anti-Reflux-OP
Eine Anti-Reflux-Operation zielt darauf ab, den Rückfluss von Magensäure und Mageninhalt in die Speiseröhre zu reduzieren oder zu verhindern. Dies geschieht in der Regel durch die Stärkung des unteren Schliessmuskels der Speiseröhre oder durch die Schaffung einer mechanischen Barriere, um den Rückfluss zu blockieren. Die Auswahl des Verfahrens hängt von der Schwere der Symptome und der Anatomie der Patientin bzw. des Patienten ab. Postoperativ können eine signifikante Verbesserung der Symptome sowie eine Verringerung der Notwendigkeit von Medikamenten zur Magensäurehemmung beobachtet werden.

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