Gerade einmal ein bis vier Fälle kommen auf eine Million Menschen pro Jahr: So niedrig ist die geschätzte Inzidenz der akuten transversen Myelitis (ATM). Die ATM betrifft vor allem junge Menschen zwischen 10 und 20 sowie 30- bis 40-Jährige. Die Erkrankung erfordert eine rasche Abklärung und Behandlung.
Die ATM ist eine akut oder subakut auftretende entzündliche Erkrankung des Rückenmarks. In den meisten Fällen kann heute eine Ursache wie eine zugrundeliegende Krankheit identifiziert werden, zum Beispiel eine Virusinfektion oder eine Autoimmunerkrankung, zu der hier vor allem die multiple Sklerose, aber auch der systemische Lupus erythematodes oder die Sarkoidose zählen. Die Liste der Differentialdiagnosen ist lang und entsprechend sind Anamnese und weiterführende Abklärungen breit. Findet man keine Ursache, handelt es sich um eine idiopathische ATM (IATM), eine Ausschlussdiagnose.
Die Symptome entwickeln sich im Laufe von Stunden oder Tagen, in der Regel sind es 4 bis 21 Stunden. Zu den klinischen Symptomen zählen in Abhängigkeit der Lokalisation Lähmungen, häufig aszendierende Fühlstörungen sowie Blasen-/Mastdarmstörungen, zumeist mit klarem Niveau. Zervikale Läsionen können bei Inklination des Kopfes unangenehme elektrisierende Sensationen entlang der Wirbelsäule verursachen, bekannt als Lhermitte-Zeichen.
Im Verdachtsfall sind zur Abklärung eine Bildgebung mittels spinalen und zerebralen MRIs inklusive Kontrastmittel und einer umfangreichen Labor- und Liquordiagnostik angezeigt. Bei sehr plötzlich auftretenden Symptomen muss an eine Ischämie des Rückenmarks gedacht und eine Kompression des Rückenmarks ausgeschlossen werden. Entzündliche Rückenmarkerkrankungen zeigen je nach Entität MR-morphologisch recht einheitliche Bilder. Die Länge der Läsionen, deren Lokalisation im Rückenmark – sowohl in der Höhe als auch im Myelonquerschnitt – und das Kontrastmittelverhalten erlauben in vielen Fällen zumindest eine Eingrenzung der Differenzialdiagnosen. Die zerebrale Bildgebung ist notwendig, um allfällige weitere entzündliche (gar asymptomatische) Läsionen zu detektieren. Die richtige Zuordnung zu einer Krankheit ist für die Therapie und den weiteren Verlauf entscheidend.
Die Behandlung richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache der Myelitis. Wird keine spezifisch zu behandelnde Ursache gefunden, wird in der Regel eine hochdosierte Steroidpulstherapie durchgeführt.
Oberärztin mbF, Leiterin der Sprechstunde für entzündliche ZNS-Erkrankungen, Klinik für Neurologie
Leitender Arzt, Stellvertreter, Klinik für Neurologie
Dienstarzt Neurologie: Tel. +41 71 494 94 20
E-Mail: anmeldung.neurologie@kssg.ch
Online: www.kssg.ch/neurologie